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4. Expertengespräch in Bielefeld

Am 29. April 2016 fand im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld bereits das vierte Expertengespräch PRAXISSEMESTER SPORT statt, wie gewohnt gemeinsam vorbereitet vom DSLV-NRW, der Bezirksregierung Münster und dem Ausrichter, in diesem Jahr der Arbeitsbereich Sport und Erziehung der Universität Bielefeld und die BiSEd (Bielefelder School of Education).

Die Tagung mit dem Titel „Anspruch und Wirklichkeit des Forschenden Lernens – Akteure des Praxissemesters im Dialog über Studienprojekte“ wurde durch Grußworte von Prof. Bernd Groeben, Abteilung Sportwissenschaft, Michael Fahlenbock, Präsident des DSLV-NRW, Frau Prof. Andrea Peter-Koop, stellvertretende Direktorin der BiSED, Rüdiger Klupsch-Sahlmann, Bezirksregierung Münster, und Dr. Gerrit Schnabel, Unfallkasse NRW, eröffnet.

Um auf der Tagung einen Austausch über Studienprojekte zu ermöglichen, sind die daran beteiligten Akteure – Studierende, Lehrende der Universität, Fachleitungen Sport und schulische Mentoren – eingeladen worden und auch etwa gleichstark unter den über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern vertreten.

Für den Hauptvortrag konnte Prof. Nils Neuber, WWU Münster, ein ausgewiesener Experte zum Thema Praxisphasen im Lehramtsstudium, gewonnen werden. Er referierte unter dem Titel „Forschendes Lernen im Praxissemester – eine Chance für die professionsorientierte Selbsterkundigung im Unterrichtsfach Sport?“ über den Mythos Praxis in der Lehrer(aus)bildung und die wahrscheinlichen Gelingensbedingungen von Studienprojekten, wie z.B. das Vorhandensein von methodischen Kenntnissen bei den Studierenden, das Einbeziehen von Theorien zur Erklärung von pädagogischen Fragestellungen, aber auch Offenheit von Schule bezüglich des neuen Formats „Studienprojekt“.

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Außerordentlich informativ war die nun folgende Darstellung von bereits durchgeführten Studienprojekten aus Bielefeld, Köln und Münster. Mit kurzen Präsentationen stellten die Studierenden ihre Projekte vor. Anschließend standen sie mit den universitären Betreuerinnen den Tagungsteilnehmern für Rückfragen zur Verfügung.

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In der sich anschließenden Workshopphase wurden die Eindrücke der präsentierten Studienprojekte und die eigenen Erfahrungen in standortübergreifenden, aber lernorthomogenen Gruppen (Hochschule, Schule, Studierende) unter der Leitfrage „Was macht Studienprojekte zu gelingenden Beispielen Forschenden Lernens“ ausgetauscht und abgeglichen.

Die Studierenden einigten sich u.a. darauf, dass das Eigeninteresse an der Fragestellung des Studienprojektes, die Vermittlung geeigneter Forschungsmethoden in den Vorbereitungsseminaren und Unterstützung durch die Schule von großer Bedeutung sind.

Die Lehrenden der Universitäten stellten fest, dass das Studienprojekt bzw. die Thematik für die eigene Lehrerpersönlichkeit und auch für die Institution Schule wichtig sein sollen. Voraussetzung für das Gelingen sind natürlich geeignete Fragestellungen und Kenntnisse der passenden Methoden.

Die Tagungsteilnehmerinnen und Tagungsteilnehmer aus der Schule und den ZfsL (Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung)  waren sich einig, dass eine hohe Sinnhaftigkeit für die Studierenden eine unabdingbare Voraussetzung für ein gelungenes Studienprojekt darstellt, idealerweise eine Fragestellung zu eigenem oder beobachteten Unterricht.

Nach der Mittagspause referierte Frau Dr. Lilian Streblow von der Bielefelder School of Education „Strukturbedingungen des Praxissemesters am Standort Bielefeld sowie erste fachliche und überfachliche Evaluationsergebnisse“. Sie informierte über das Bielefelder Verständnis von Forschendem Lernen, den Aufbau von Kooperationsstrukturen im und für das Praxissemester und die konkrete Umsetzung.

Zu diesem Modell sind Studierende, Lehrende, Fachleitungen und Lehrkräfte befragt worden. Ein sicher zu beachtendes Ergebnis der Untersuchung ist die Tatsache, dass Studienprojekte in ihrer Wertigkeit für den Professionalisierungsprozess von Studierenden und Universitätsvertretern deutlich höher bewertet werden als von Fachleitungen und den schulischen Mentorinnen/Mentoren.

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Nach der zweiten Workshopphase, diesmal in lernortheterogenen Gruppen, trafen sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Plenum zur Ergebnispräsentation. Zur Beantwortung der Leitfrage der Tagung „Unter welchen Gelingensbedingungen können Studienprojekte als Anwendungsfeld Forschenden Lernens zur Professionalisierung angehender Lehrkräfte beitragen?“ brachten insbesondere die Studierenden den Wunsch nach einer größeren formalen Einheitlichkeit der Studienprojekte ein (z.B. Umfang der schriftlichen Ausarbeitung). Das gilt für Absprachen der verschiedenen Unterrichtsfächer einer Hochschule und für eine größere Einheitlichkeit landesweit: Es sollten nicht mehr als zwei Studienprojekte verpflichtend sein. Auch die Sammlung in einer Datenbank wurde angeregt.

Alle Akteure des Praxissemesters waren sich einig, dass die Kommunikation zwischen Schule, Universität und ZfsL besser werden muss. Unklar bleibt, ob die schulischen Mentoren tatsächlich eine Beratungsfunktion für das in der Schule noch nicht so bekannte Modell „Studienprojekt“ übernehmen sollen und können.

Die Lehrenden der Hochschulen betonten die Bedeutung von pädagogischen Theorien und das Nutzen von empirischen Ergebnissen für die Konzeption von Studienprojekten und dem Aufbau einer forschenden Grundhaltung als essentiellen Bestandteil der Professionalisierung angehender Lehrkräfte.

Zusammenfassend darf festgehalten werden, dass die Tagung keine Patentlösungen aufzeigen konnte, da u.a. die Rahmenbedingungen an den Hochschulen und Schulen zu unterschiedlich sind und insbesondere im System „Schule“ der Begriff „Studienprojekt“ noch nicht bekannt ist und einheitlich interpretiert werden kann.

Aber die zu beantwortenden Fragen sind sicherlich klarer geworden: Wie werden die Rahmenbedingungen für Studienprojekte vereinheitlicht? Sind Abstimmungsprozesse zum einheitlichen Verständnis des Forschenden Lernens notwendig? Wie wird die Kommunikation zwischen den Akteuren des Praxissemesters intensiviert? Wie wird in der Schule Offenheit und Akzeptanz für Studienprojekte erreicht? Wie können Studierende ohne Zeitdruck Studienprojekte als eine besondere Gelegenheit für Forschendes Lernen erleben?

Der besondere Dank für die überzeugende Organisation des Tages in Bielefeld gilt Herrn Prof. B. Groeben und Dr. N. Ukley von der Universität Bielefeld.

Peter Meurel

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